Der Onlinehandel und Versandhandel in Europa boomt seit Jahren. Täglich werden Millionen Pakete über Plattformen wie Amazon bestellt – viele davon sind grenzüberschreitende Lieferungen. Für Verkäufer kann Fernverkauf innerhalb der EU zu umsatzsteuerlichen Verpflichtungen führen. In diesem Beitrag erklären wir alles, was du zum Thema Fernverkauf in Europa (Distance Selling) wissen musst.
Antonia Klatt
Last Updated on 1 Juli 2025
Was ist Fernverkauf in der EU?
Neben der Gründung eines Unternehmens oder der Lagerung von Waren im Ausland kann auch das Überschreiten der EU-weiten Lieferschwelle für B2C-Fernverkäufe eine Umsatzsteuerregistrierung in anderen Ländern auslösen.
UPDATE: Einheitliche EU-Lieferschwelle seit dem 1. Juli 2021
Seit dem 1. Juli 2021 gilt in der gesamten EU eine einheitliche Lieferschwelle von 10.000 € pro Jahr – sie ersetzt die früheren, landesspezifischen Schwellen. Sobald du als Händler grenzüberschreitende Verkäufe in mehrere EU-Länder tätigst und dabei insgesamt mehr als 10.000 € Umsatz erzielst (z. B. 5.000 € nach Spanien, 5.000 € nach Frankreich und 1.000 € nach Polen), musst du die Mehrwertsteuer des jeweiligen Ziellandes anwenden.
Du hast dabei zwei Optionen:
- dich in jedem betroffenen Land für die Umsatzsteuer registrieren,
- oder den One-Stop-Shop (OSS) nutzen, um deine gesamte EU-Umsatzsteuer zentral zu melden.
Lieferschwellen beim Fernverkauf: Aktuelle Regelung
Solange du innerhalb eines Kalenderjahres unter der Schwelle von 10.000 € bleibst, kannst du die Umsatzsteuer deines Heimatlandes anwenden. Seit dem 1. Januar 2025 gibt es zudem eine zusätzliche Umsatzsteuerbefreiung für KMU (kleine Unternehmen) mit einem Schwellenwert von 100.000 € (siehe unten).
Wichtig: Sobald die Grenze überschritten wird, bist du zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen im Bestimmungsland oder zur Nutzung des OSS verpflichtet – andernfalls drohen Bußgelder.
Beispiel: Fernverkauf aus Deutschland
Du betreibst einen Onlinehandel in Deutschland und verkaufst Produkte nach Frankreich, Spanien und in die Niederlande. Der Gesamtumsatz dieser Verkäufe beträgt 50.000 €.
Früher war das kein Problem – die Lieferschwelle für Deutschland lag bei 100.000 €.
Doch seit Juli 2021 gilt: Überschreitest du insgesamt 10.000 € in grenzüberschreitenden B2C-Verkäufen, musst du die Mehrwertsteuer des Ziellandes berechnen – entweder über lokale Registrierungen oder über den OSS.
Ausnahmen beim Fernverkauf (B2C & B2B)
B2C-Ausnahme: Solange deine EU-weiten Fernverkäufe unter 10.000 € jährlich bleiben, kannst du den Steuersatz deines Heimatlandes anwenden. Wird dieser Betrag überschritten, musst du den Steuersatz des Empfängerlandes anwenden.
B2B-Ausnahme: Für B2B-Verkäufe gilt meist das Reverse-Charge-Verfahren. Hat dein Kunde eine gültige Umsatzsteuer-ID, wird keine Mehrwertsteuer berechnet. Die Schwellenwerte für Fernverkauf gelten hier nicht.
Was zählt als Fernverkauf?
Fernverkauf bedeutet, dass Käufer und Verkäufer nicht physisch zusammenkommen und die Bestellung aus der Ferne erfolgt. Typische Kanäle sind:
- Eigener Online-Shop oder Webseite
- Marktplätze wie Amazon, eBay, Etsy
- Telefonverkauf, Teleshopping
- App- oder SMS-basierte Bestellungen
- Soziale Netzwerke mit Checkout-Funktion
Weitere Informationen gibt es in der Distance Selling Directive der EU-Kommission.
Verbraucherrechte & Fernabsatzrichtlinien
Neben der steuerlichen Seite musst du auch die EU-Verbraucherschutzrichtlinien einhalten. Dazu gehören:
- Klare Informationen zu Produkt, Preis und Versandkosten vor dem Kauf
- Bestätigung per E-Mail oder schriftlich nach Kaufabschluss
- 14 Tage Widerrufsrecht für Verbraucher (nicht 7 Tage!)
- Lieferung binnen 30 Tagen, falls nicht anders vereinbart
- Volle Rückerstattung, wenn Ware nicht geliefert wird oder Zahlung unrechtmäßig war
Außerdem gelten Datenschutzvorgaben nach DSGVO und der Richtlinie über Verbraucherrechte.
Rechtliche Vorgaben für Fernverkäufer
Deine Website oder dein Shop müssen folgende Infos transparent bereitstellen:
- Name des Unternehmens & Kontaktdaten
- Umsatzsteuer-ID (sofern vorhanden)
- Beschreibung der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen
- Gesamtpreis inkl. Steuern & Gebühren
- Akzeptierte Zahlungsmethoden
- Lieferkosten & Lieferzeiten
- AGB & Widerrufsrecht
- Datenschutz- & Cookie-Richtlinie
- Vertragslaufzeit bei Abonnements
- Hinweis auf Ersatzprodukte (falls relevant)
Weitere wichtige Updates für 2025
KMU-Umsatzsteuerbefreiung (ab 1. Januar 2025)
Kleine Unternehmen mit EU-weiten B2C-Umsätzen unter 100.000 € jährlich können ab 2025 eine USt-Befreiung beantragen – sofern sie:
- eine EX-USt-ID beantragen
- vereinfachte Quartalsmeldungen abgeben
- unter dem Schwellenwert in allen Mitgliedstaaten bleiben
Gilt nicht für digitale Dienstleistungen oder Verkäufe über Marktplätze!
IOSS für Importe bis 150 €
Der Import One-Stop-Shop (IOSS) vereinfacht den Import von Drittlandswaren (z. B. aus China oder USA) mit einem Warenwert bis 150 €. Verkäufer können die USt beim Verkauf berechnen und zentral melden.
VAT in the Digital Age (ViDA) & digitale Meldungspflichten
Seit März 2025 ist das ViDA-Reformpaket der EU aktiv. Es bringt neue Verpflichtungen für E-Rechnungen, digitale Meldungen in Echtzeit und Plattformbesteuerung:
- Einheitliche strukturierte Rechnungsformate
- Echtzeit-Übermittlung an Finanzbehörden
- Strengere Vorgaben für OSS/IOSS-Nutzung
- Erhöhte Anforderungen an Audit-Readiness
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