Trotz Steuererklärung und Steuervorauszahlungen kennen sie die meisten Unternehmer leider nur zu gut: die Umsatzsteuernachzahlung. Was eine Umsatzsteuernachzahlung genau ist, warum gerade du davon betroffen bist, wie du jetzt am besten vorgehst und welche Regeln und Fristen du dabei beachten musst – wir erklären’s dir.
Patrick Moeller
Last Updated on 24 August 2020
Begriffsdefinition Umsatzsteuernachzahlung
Als Umsatzsteuer bezeichnet man die Besteuerung der Leistungen eines Unternehmens.
Rund 30% der gesamten Steuereinnahmen in Deutschland werden aus der Umsatzsteuer geschöpft. Normalerweise wird die Zahlung der Umsatzsteuer am Verdienst des Vorjahres berechnet und in Voraus an das Finanzamt überwiesen – als sogenannte Umsatzsteuervorauszahlung.
Je größer jedoch die Abweichungen im Umsatz eines Unternehmens von Jahr zu Jahr sind, desto wahrscheinlicher ist es, das du eine Rückerstattung eines Restbetrages vom Finanzamt erhältst oder im Gegenteil eine sogenannte Umsatzsteuernachzahlung tätigen musst.
Eine Umsatzsteuernachzahlung ist eine verspätete Zusatzzahlung zur Umsatzsteuer. Erforderlich ist die Zahlung dann, wenn der im Voraus geleistete Betrag kleiner ist als die letztlich errechnete Umsatzsteuer.
Einfach ausgedrückt: Es ist zu wenig Geld im Voraus an das Finanzamt abgeführt worden und der offene Restbetrag muss nun mit einer zweiten Zahlung beglichen werden.
Betrifft eine Umsatzsteuernachzahlung nur Selbstständige und Unternehmen?
Wen betrifft aber nun die Umsatzsteuernachzahlung eigentlich – nur Selbständige und Unternehmen? Theoretisch nicht, praktisch schon. Auch Arbeitnehmer zahlen Umsatzsteuer und sind damit natürlich theoretisch ebenso von Umsatzsteuernachzahlungen betroffen, jedoch wird die Umsatzsteuer vom Arbeitgeber direkt vom Gehalt abgezogen, Stichwort Brutto-Nettogehalt.
Arbeitnehmer, die neben ihrem Beruf noch einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, müssen sich natürlich mit der Umsatzsteuer und eventuellen Umsatzsteuernachzahlungen beschäftigen, sofern sie nicht von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Welche Gründe kann es also für eine Umsatzsteuernachzahlung geben?
Größere Schwankungen im jährlichen Umsatz des Unternehmens
Der wohl häufigste Grund für eine Nachzahlung sind Schwankungen im jährlichen Umsatz eines Unternehmens. Da sich die Steuervorauszahlung auf den Umsatz des vorigen Jahres bezieht, kann es bei Firmen mit unregelmäßigem Einkommen vorkommen, dass zu viel oder zu wenig Vorsteuer bezahlt wurde. Am Ende des Jahres wird dieser Betrag dann durch eine Rückzahlung seitens des Finanzamtes oder durch eine Umsatzsteuernachzahlung seitens des Unternehmens ausgeglichen.
Einkommensgrenze eines Kleinunternehmers überschritten
In Deutschland werden Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 17.500,-EUR im Jahr als Kleingewerbe bezeichnet. Kleingewerbe sind, sofern sie der Regelung nicht widersprechen, umsatzsteuerbefreit, müssen also keine Umsatzsteuer auf ihre Leistungen addieren und können sich bei Käufen keine Umsatzsteuer zurück erstatten lassen. Überschreitet ein Unternehmen im Laufe des Jahres jedoch unerwartet die Umsatzschwelle von 17.500,- EUR, und verliert somit seinen Status als Kleingewerbe, ist es dazu verpflichtet Umsatzsteuer zu zahlen.
Sozialleistungen
Sozialleistungen, wie z.B. Familiengeld, sind in der Norm steuerlich befreit, jedoch unterliegen sie dem Progressionsbehalt. Dies bedeutet, dass das Finanzamt die erhaltenen Leistungen mit deinen regulären Einkünften verrechnet. Je nach Höhe der Sozialleistung kann sich dies auf deinen Steuersatz auswirken. Als Selbstständiger kann das letztendlich zu einer Steuernachzahlung führen.
Vergessen von Einkünften
Vergessene Einkünfte führen oft zu Steuernachzahlungen. Falls du eine Rente beziehst oder dir mit dem Vermieten einer Eigentumswohnung etwas dazu verdienst, muss dies in deine Steuererklärung einfließen, auch wenn es sich dabei nicht um deine Haupteinkommensquelle handelt. Wird ein solcher Fehler entdeckt, verlangt das Finanzamt eine Umsatzsteuernachzahlung. Vorsicht: Eine Umsatzsteuernachzahlung, die mehrere Jahre zusammen fasst und mit Zinsen verrechnet wurde, kann astronomische Beträge erreichen, die auf die Schnelle meist nicht zu bewältigen sind.
Welche Fristen muss ich berücksichtigen?
Generell ist eine Umsatzsteuernachzahlung einen Monat nach Festsetzung des Betrages zu bezahlen. Die Fälligkeit der Umsatzsteuernachzahlung ist dabei bei allen Unternehmensarten die gleiche. Der Betrag wird zusammen mit der Überweisungsfrist im Steuerbescheid aufgeführt. Eine explizite Zahlungsaufforderung vom Finanzamt erhältst du jedoch nicht.
Falls deiner Meinung nach bei der Steuernachzahlung ein Fehler vorliegt, kannst du innerhalb von einem Monat eine Klage einreichen.
Aufschub und Zinsen
Einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ist der Betrag, wie bereits erwähnt, an das Finanzamt zu überweisen. Überschreitest du die Frist, wird der Betrag mit Zinsen verrechnet. Der Betrag ist im Normalfall mit einer einzigen Zahlung zu leisten.
Schulden, die aus der Steuernachzahlung resultieren, werden in der Regel mit 6% Zinsen pro Jahr verrechnet.
Falls die Nachzahlung vom Schuldner nicht zu bewältigen ist, kann man um Stundung, also um eine Ratenzahlung des ausstehenden Betrages, bitten. In diesem Falle wird ein Zinssatz von 0,5% pro Monat angewendet und die Steuerschuld muss innerhalb von maximal zwölf Monaten getilgt werden. In existenzbedrohenden Fällen kann die Steuerschuld komplett erlassen werden. Dieser Fall tritt jedoch äußerst selten auf.
Wie verbucht man eine Umsatzsteuernachzahlung?
Eine Umsatzsteuernachzahlung wird als Betriebsausgabe verbucht. In der Einnahmenüberschusserklährung (EÜB) ist sie als Ausgabe zum Zeitpunkt der Zahlung anzusetzen.
Da du keine Zahlungsaufforderung vom Finanzamt erhältst, kannst du im Notfall die Zahlung mit einem Eigenbeleg bestätigen. Unternehmen nutzen zur Buchung meist SKR3. SKR3 ist ein Standardkontenrahmen, also ein nach bestimmten Kriterien geordnetes Kontensystem. Dieser Kontenrahmen gibt vor, wie du deine Buchhaltungskonten sortieren und nummerieren kannst.
In SKR3 werden die Konten anhand der Betriebsabläufe sortiert. Die Reihenfolge der einzelnen Konten wird an die Reihenfolge der Betriebsabläufe innerhalb des Unternehmens angepasst. Diese Methode zur Anordnung von Konten nennt man Prozessgliederungsprinzip.
Außerdem wichtig:
- Die Leistungen müssen nach den zugewiesenen Steuersätzen aufgeteilt werden.
- Der Eigenverbrauch muss dabei gesondert betrachtet werden.
- Weichen die Voranmeldung und die erklärten Umsätze voneinander ab, ist dies ein Indiz, dass es wahrscheinlich zu einer Steuernachzahlung kommen wird.
Umsatzsteuernachzahlung umgehen
Nun möchtest du sicher wissen, ob es möglich ist eine Umsatzsteuernachzahlung zu umgehen. Durch das generelle Vermeiden von Steuernachzahlungen kann man das Zahlen von Zinsen vermeiden, die beim Überschreiten der Zahlungsfristen entstehen oder bei Nachzahlungen zu tätigen sind, die länger als ein Kalenderjahr zurückliegen.
Du kannst eine Umsatzsteuernachzahlung letztlich umgehen, indem du deine Ein- und Ausgaben genau im Blick behältst. Als Basiswert für deine Rechnung nimmst du den Betrag, den du vorausbezahlst. Anhand dessen weißt du, wie viel Umsatzsteuer du mehr einnehmen als ausgeben darfst. Solange dein Umsatzsteuerüberschuss nicht den vorausgezahlten Betrag überschreitet, zahlst du keine Umsatzsteuer nach und erhältst du stattdessen womöglich sogar noch Geld vom Finanzamt zurück.
Tipp: Lege die Umsatzsteuer, die du einnimmst, direkt auf ein seperates Konto oder ein Unterkonto und rühre es bis zum Monats- oder Quartalsabschluss nicht an. So hast du definitiv immer genug Geld zur Seite, falls es zu einer Umsatzsteuernachzahlung kommt.
Fazit
Umsatzsteuernachzahlungen gehören zum Unternehmertum dazu. Beachtet man alle Fristen und ist finanziell auf eine eventuelle Nachzahlung vorbereitet, stellen sie kein Problem dar. Setzte auf Profis oder Tools wie hellotax, die dich fachkompetent zum Thema Steuer beraten und dich an deine Steuerzahlungen erinnern – so ersparst du dir Zeit, Stress und unnötige Kopfschmerzen.