Als Versandhandel, z.B. als Verkäufer auf Amazon, haben wir viele Vorteile. So brauchen wir kein örtliches Geschäft anmieten, keine Mitarbeiter einstellen, die dort Waren verkaufen und können schneller auf Trends neuer Produkte reagieren. Dafür haben wir andere Herausforderungen zu meistern wie eben die Steuerregularien beim Versand unserer Produkte. Was gilt es für die Umsatzsteuer im Versandhandel zu beachten?
Patrick Moeller
Last Updated on 14 September 2020
Was ist die Versandhandelsregelung?
Im Wesentlichen werden die steuerlich relevanten Themen im Versandhandel durch die sogenannte Versandhandelsregelung bestimmt. Sie regelt grundsätzlich, dass Versendungen an Privatpersonen in der Europäischen Union in dem Empfängerland zu versteuern sind. Übrigens: Versendungen an Unternehmer sind in der Regel einfacher zu handhaben, da hier das Reverse-Charge-Verfahren zum Einsatz kommt und der Händler damit von der Besteuerung befreit ist. Stattdessen muss der Käufer die Steuer im Empfängerland abführen.
Damit die Versandhandelsregelung in Kraft tritt, muss der Händler die Ware tatsächlich versenden – sie gilt nicht, wenn der Käufer die Ware selbst abholt oder jemanden damit beauftragt. Außerdem muss der Versand in einem EU-Mitgliedsland beginnen und enden.
Der Empfänger darf dabei keine Person sein, die einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern müsste. In der Regel sind das Privatpersonen oder Unternehmer, die Waren aber für den privaten Gebrauch bestellen.
Besonderheiten gelten bei:
- Kleinunternehmern
- Land- und Forstwirte, die nach Durchschnittssatzbesteuerung versteuern
- juristische Personen, die für den privaten Gebrauch bestellen
- Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die in der Folge entsprechend nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen
Die Versandhandelsregelung greift bei diesen Personen nur, wenn sie weder die für die innergemeinschaftlichen Erwerbe geltende Erwerbsschwelle überschritten haben noch auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet haben. Verwendet ein Käufer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass es sich um einen geschäftlichen Erwerb handelt und die Versandhandelsregelung damit nicht zum Tragen kommt – außer der Käufer stellt eine der benannten Ausnahmen dar oder tätigt den Kauf für private Zwecke.
Welche Rolle spielen Erwerbsschwellen für die Umsatzsteuer im Versandhandel?
Kleinunternehmer und die weiteren genannten Personengruppen können unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls wie Privatpersonen behandelt werden. Das gilt für den Fall, dass sie die von den EU-Mitgliedstaaten festgelegten Erwerbsschwellen nicht überschritten haben oder sie auf die Anwendung der Erwerbsschwelle grundsätzlich verzichten. Überschreiten diese Personen die Erwerbsschwellen, werden sie wie ein Unternehmer behandelt.
Passiert das, muss er sich in seinem Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterwerfen und eine Umsatzsteuer-ID (USt.-ID) beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen. Die Erwerbsschwellen sind von Staat zu Staat unterschiedlich und liegen bspw. in Deutschland bei 12.500,- EUR und in Frankreich bei 10.000,- EUR.
Land | Betrag (Euro) | Landeswährung |
Belgien | 11.200 € | – |
Bulgarien | ~ 10.200 € | 20.000 BGN |
Dänemark | ~ 10.500 € | 80.000 DKK |
Deutschland | 12.500 € | – |
Estland | 10.000 € | – |
Finnland | 10.000 € | – |
Frankreich | 10.000 € | – |
Griechenland | 10.000 € | – |
Irland | 41.000 € | – |
Italien | 10.000 € | – |
Kroatien | ~ 10.200 € | 77.000 HRK |
Lettland | 10.000 € | – |
Litauen | 14.000 € | – |
Luxemburg | 10.000 € | – |
Malta | 10.000 € | – |
Niederlande | 10.000 € | – |
Österreich | 11.000 € | – |
Polen | ~ 11.200 € | 50.000 PLN |
Portugal | 10.000 € | – |
Rumänien | ~ 7.000 € | 34.000 RON |
Schweden | ~ 8.700 € | 90.000 SEK |
Slowakei | 14.000 | – |
Slowenien | 10.000 € | – |
Spanien | 10.000 € | – |
Tschechien | ~ 12.200 € | 326.000 CZK |
Ungarn | 10.000 € | – |
Vereinigtes Königreich | ~ 93.500 € | 85.000 GBP |
Zypern | 10.251.61 € |
Der Käufer der Waren kann jedoch auf die Anwendung der Erwerbsschwellen verzichten. Davon wird ausgegangen, wenn er seine USt.-ID beim Käufer angibt. In dem Fall muss er selbst die Erwerbssteuerung in seinem Land durchführen.
Welche Rolle spielen Lieferschwellen für die Umsatzsteuer im Versandhandel wie bei Amazon?
Für Händler, z.B. auf Amazon, gilt es außerdem noch weitere Kennzahlen zu beachten, nämlich die sogenannten Lieferschwellen. Jeder EU-Mitgliedstaat hat dabei eigene Lieferschwellen festgelegt, die es beim Verkauf an Privatpersonen zu beachten gilt – bzw. ebenso an die bereits angesprochenen Unternehmer, die als Privatpersonen zu betrachten sind.
Beginnst du als deutscher Unternehmer mit dem Verkauf von Produkten an Privatpersonen in Frankreich, kannst du diese Verkäufe zunächst ganz einfach in Deutschland versteuern. Übersteigt dein jährlicher Netto-Umsatz mit diesen Verkäufen aber voraussichtlich die französische Lieferschwelle oder hat sie das bereits im vergangenen Jahr, so musst du deine Umsätze in Frankreich versteuern.

Überwache deine Lieferschwellen
Um zu wissen, was gerade los ist, liefert dir unsere Software zur Automatisierung der Umsatzsteuer alle relevanten Informationen.
Dafür musst du dich umsatzsteuerlich in Frankreich registrieren lassen und eine entsprechende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen. Künftig müsstest du für die betroffenen Verkäufe in Frankreich die dortige Umsatzsteuer in Rechnung stellen und schließlich dort abführen. Das ist die Regelung, die wir eingangs bereits als Versandhandelsregelung kennengelernt haben.
Alle Lieferschwellen im Überblick:
Land | Jährliche Lieferschwelle |
Österreich | € 35,000 |
Belgien | € 35,000 |
Bulgarien | BGN 70,000 |
Kroatien | HRK 270,000 |
Zypern | € 35,000 |
Tschechien | CZK 1,140,000 |
Dänemark | DKK 280,000 |
Estland | € 35,000 |
Finnland | € 35,000 |
Frankreich | € 35,000 |
Deutschland | € 100,000 |
Griechenland | € 35,000 |
Ungarn | HUF 8,800,000 |
Irland | € 35,000 |
Italien | € 35,000 |
Lettland | € 35,000 |
Litauen | € 35,000 |
Luxembourg | € 100,000 |
Malta | € 35,000 |
Niederlande | € 100,000 |
Polen | PLN 160,000 |
Portugal | € 35,000 |
Rumänien | RON 118,000 |
Slovakei | € 35,000 |
Slovenien | € 35,000 |
Spanien | € 35,000 |
Schweden | SEK 320,000 |
Vereinigtes Königreich | £ 70,000 |
Als Unternehmer hast du die Möglichkeit, auf die Anwendung der Lieferschwellen zu verzichten. Dafür musst du dich gegenüber deiner zuständigen Behörde erklären und bist für zwei Jahre an diese Entscheidung gebunden.
Fazit
Wer Privatpersonen oder Unternehmer, die für den privaten Gebrauch einkaufen, zu seinen Kunden zählt, sollte die Lieferschwellen immer im Blick behalten. Sie geben den klaren Hinweis, ab wann du dich mit deinem Handel in welchem EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerlich registrieren musst.
Wenn du diese Regelung missachtest, drohen dir entsprechende steuerrechtliche Konsequenzen. Mit unserer hellotax Umsatzsteuer-Software behalten wir deine Umsätze immer im Blick und weisen dich rechtzeitig daraufhin, wenn du Lieferschwellen zu überschreiten drohst – und helfen dir bei der Umsatzsteuerregistrierung.

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